Wir sind dabei!

Nominiert für den Deutschen Theaterpreis DER FAUST 2024 in der Kategorie „Genrespringer“ sind Jeffrey Döring, Hannah Ebenau (Konzept, Regie) und Ensemble für die Landesbühnen-Produktion „Rusalka – Oper für alle“. Wir freuen uns auf die Preisverleihung am 16. November 2024 im Theater Altenburg Gera.

Regisseur Jeffrey Döring gewann im September gemeinsam mit der Bühnen- und Kostümbildnerin Hannah Ebenau den bundesweiten Regiewettbewerb »Rusalka – Oper für alle« der Landesbühnen Sachsen. Gemeinsam haben sie Antonìn Dvoráks Oper in ein Pocket-Format gebracht. In der Inszenierung wird die Rolle der Rusalka mit zwei Darstellerinnen besetzt, mit einer Sängerin und zusätzlich mit einer gehörlosen Schauspielerin: Aus ihrer Sicht erleben wir die Geschichte, die sie uns – unterstützt durch Gebärdensprache – rückblickend erzählt.

Die Premiere fand am 9. September 2023 im Bauernmuseum Zabeltitz statt.

7 Personen stehen im Glasfoyer des Stammhauses in Radebeul um eine Miniaturdarstellung eines Bühnenbildes.

Hannah Ebenau, Jeffrey Döring und die Jury beim Finale des Regiewettbewerbs an den Landesbühnen Sachsen | © René Jungnickel

Die Begründung der Jury zur Nominierung

Mit „Rusalka – Oper für alle“ realisiert das Regieteam und das Ensemble an den Landesbühnen Sachsen ein Projekt mit einer bemerkenswerten Konzeption, das in seiner Umsetzung selten zu findende Brücken schlägt zwischen Kulturvermittlung, politischer Bildung, Aktivismus und klassischem Musiktheater.

Das Format der Poket-Oper – als Prinzip hoher Reichweite und maximaler Niedrigschwelligkeit – an sich ist schon ein spannender Sprung ins Ungewisse für das oft mit dem Vorwurf der Exklusivität und Hermetik konfrontierte Genre. Das dramaturgisch-inszenatorische Konzept einer Neben-Hauptfigur (Rusalka Irrlicht), einer externalisierten inneren Stimme oder Persona, die ausschließlich in Gebärdensprache kommuniziert, ist nicht nur eine schlüssige Weitererzählung der Geschichte Rusalkas und ihrer Schwierigkeit, in dem sie umgebenden gewaltvollen System zu kommunizieren. Sie wird in der inhaltlichen Anbindung und szenischen Umsetzung auch zu einer Sichtbarmachung der audistischen Strukturen unserer Gesellschaft: dem Ausschluss und der systematischen Benachteiligung von Tauben* Menschen (Taub wird als Selbstbezeichnung großgeschrieben und das Diversitätssternchen steht hier für die Vielfalt der Lebensrealitäten beispielsweise von tauben, gehörlosen, CI tragenden, schwerhörigen, taubblinden oder spätertaubten Menschen). Durch die Besetzung des Rusalka Irrlichts mit Deaf Performer:innen geht die Konzeption über die Zustandsbeschreibung hinaus und bietet Repräsentation von Gehörlosenkultur und Empowerment eine Bühne. Der Einsatz von Gebärdensprache als ästhetisches Mittel geht hier weit über eine Maßnahme zum Barriereabbau für gehörlose Zuschauer:innen hinaus – auch wenn selbst das als Beitrag zur kulturellen Teilhabe erwähnenswert ist.

Im Zusammenspiel von Prinzip, Konzeption und künstlerischer Ko-Kreation entsteht so ein mutiges, radikales Projekt, das sich allein durch Anwesenheit und Sichtbarkeit auch politisch positioniert – sind doch die Zurückdrängung von Inklusion und systematischer Ableismus Teil von faschistischen Narrativen und Politik in der Vergangenheit und heute.

Eindrücke aus „Rusalka – Oper für alle“ | © Carsten Beier

Veröffentlicht am: 27. September 2024|Kategorien: Musiktheater, Sonstiges, Spielzeit, Theater Radebeul|Schlagwörter: , , |
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